Montag, 31. Mai 2004

Geschenkabwehrstrategie gesucht

Ereignissreiche Wochenende werfen ihre Schatten. Kann es sein, dass ihr alle nur Montags hier vorbeischaut, weil in der Woche ja sowieso nur Muellkram erscheint? Egal, dieses war wieder mal eines der ereignisreicheren Wochenenden. Eine kulturelle Herausforderung, ein Hausbesuch und wieder ein Haarschnitt.

Wie lehnt man eigentlich Geschenke ab? Gibt es eine Strategie, die bei aufdringlichen Angeboten anwedbar ist, um sich ohne undankbar zu erscheinen aus der Affaere zu ziehen? Immer wieder ertappe ich mich dabei, mir die unmoeglichsten Geschenke andrehen zu lassen (Sumo-fotokallender, tonnenweise Papiersevierten oder Karten zu lethal-paralysierenden Theatervorstellungen). Ich teusche immer ueberschwengliche Freude vor und nehme alles, unabhaengig der Verwendbarkeit an. Vieleicht koennte ein VHS-Kurs helfen: "Geschenkabwehr angewand: ... wir lernen gemeinsam, in entspannter Rollenspielathmosphaere, vorgeteuschte und reelle Angebote finanzieller, sexueller oder anderer Art hoeflich aber bestimmt abzulehnen. Der erfolgreiche Besuch dieses Kurses wird durch Nichts belohnt..."

Ganz unabhaengig von diesem persoenlichen Problem hatte ich am Samstag wieder, dank geschenkter Karten, die Gelegenheit eine traditionelle japanische Theathervorstellung zu besuchen, diesmal Kyogen. Der aufmerksame Leser wird sich noch an die kuerzlich besuchte Noh-Vorstellung erinnern. Kyogen faellt in die selbe Kategorie, des fehlenden Rhythmus wegen gilt es aber als noch einige Lethalitaetsgrade langweiliger. Da mein zweiter Vornahme immernoch Gefahr lautet, und ich mich in einer sozialen Verpflichtung befand, ertrug ich schon wieder eine archaische, zeitlupenartige, und meinem Verstaendnis in jeder Hinsicht unzugaengliche Vorstellung.

Unser diesjaehriger Japanischkurs ist durch den Uebereifer der Lehrkraefte geplagt. Staendig muessen wir an sogenannten "Projekten" teilnehmen, die das Lernen versuessen und den Kursteilnehmern in peinlich-vorfuehrender Weise verdeutlichen sollen, wie verbesserungswuerdig unsere Japanischkenntnisse weiterhin sind. Diesmal: Hausbesuch bei einer echten japanischen Familie. Kein Netz und doppelter Boden, keine englischen Untertitel, keine Sufloese, nur ich und das Lexikon gegen die japanische Familie. Teile des Gespraechs mussten zu Beweiszwecken mitgeschnitten werden, und werden den Lehrkraeften zur Analyse gramatikalischer Verfehlungen und der korrekten Anwendung uebertriebener Hoeflichkeitsformen vorgelegt. Klang nach Stress am Wochenende.

Das zu besuchende Ehepaar stellte sich als weniger alt, als befuerchtet herraus, und dank der ploetzlichen Hitzewelle ergab sich auch gleich ein Gespraechseinstieg ueber Sommer in Deutschland, der kommenden Regenzeit, und wie ich den subtropischen Sommer troz Pigmentmangels ueberleben koenne. Es war tatsaechlich so heiss und feucht, dass an gekuehlten Getraenkedosen kondensiertes Wasser stromartig runterronn. Dies liess die Japaner nicht beirren, mir so gegen 3 Uhr nachmittags Rotwein anzubieten. Mit zunehmendem Pegel wurde die Wortwahl fluessiger, Hoeflichkeitsformen seltener. Ich wurde gefragt, ob ich japanisches Essen vertrage, ob ich Europaer am Aussehen dem Heimatland zuordnen koenne, was denn der Unterschied zwischen Italienern und Deutschen sei. Sie zeigten sich ueberrascht zu erfahren, dass Italiener klein und schwarzhaarig seien, und bemitleideten meine Pigmentlosigket angesichts des kommenden Sommers. Habe mich dann nach 1 Stunde deutlich enthemmt, mit leicht saloppen Worten („jo tschoe dann, ne, bis denne“) jegliche soziale Konventionen missachtend verabschiedet. Selber schuld, mir bei 30 Grad Wein zu servieren.

morgen: der Haarschnitt

hier noch die letzte T-Shirt Entdeckung:

nich verstanden? - nochmal lesen





   
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